Gesetzestexte in verständlicher Alltagssprache - hier Erbrecht


Paragraphen in anschaulicher Sprache

Ich bin Rhetoriktrainer und als Rhetoriktrainer weiss ich, dass so ziemlich alles einfach und verständlich dargestellt werden kann. Müssen Gesetzestexte wirklich so umständlich, kompliziert und unverständlich geschrieben sein? Ich sage Nein und will hier den Beweis antreten.

Ich will hier ein paar Paragraphen aus dem Erbrecht herausnehmen, um aufzuzeigen, dass man auch Gesetzestexte so formulieren kann, dass ein Laie es versteht. Und die sichtbare Tatsache ist: Es geht selbst für den Juristen keine Informationen dabei verloren. Teilweise wird es sogar eindeutiger.

Es ist um der Verständlichkeit Willen nicht verboten, Beispiele zu geben. Das gilt für eine Rede, das gilt auch für einen Gesetzestext.

 

Gesetzestexte in verständlicher einfacher Sprache

Verständliche Darstellung des Erbrechts

Ich habe ein paar Paragrafen herausgepickt, die ich Ihnen einmal im Original aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zitiere, und dann im Anschluss in der anschaulicheren Umschreibung in einfacher Alltags-Sprache (in grau).

Erbschaftliche Geschäfte (Nach § 2028) - ausgleichpflichtige Zuwendungen (§ 2057)

 

§ 2027 (in Juristensprache  - Original-Gesetzestext BGBAuskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers 

(1) Der Erbschaftsbesitzer ist verpflichtet, dem Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu geben.
(2) Die gleiche Verpflichtung hat, wer, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlass in Besitz nimmt, bevor der Erbe den Besitz tatsächlich ergriffen hat.

 

§ 2027 (in einfacher Alltags-Sprache) Auskunftspflicht des Erben, der eine ihm nicht zustehende Erbsache an sich nimmt

(1)  Derjenige Erbe, der ihm nicht zustehende Erbsachen nach dem Todesfall an sich nimmt, muss den anderen Erben Auskunft über den Bestand der Erbschaft (Bargeld, Immobilien, Bankguthaben, Aktienbesitz, Wertgegenstände usw) zum Zeitpunkt des Todes geben; genauso wie über den Verbleib von eventuell fehlenden oder vermissten Erbschaftsgegenständen.

(2)  Diese Auskunftspflicht hat auch derjenige, der Sachen aus dem Nachlass genommen hat, bevor das Erbe definitiv bestimmt wurde. 

 

 


§ 2028  (In Juristensprache - Original-Gesetzestext BGB) Auskunftspflicht des Hausgenossen

(1) Wer sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, ist verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen des Erben zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er seine Angaben nach bestem Wissen so vollständig gemacht habe, als er dazu imstande sei.

(3) Die Vorschriften des § 259 Abs. 3 und des § 261 finden Anwendung.

 

 

§ 2028 (In einfacher Alltags-Sprache) Auskunftspflicht des Haus-Mitbewohners 

(1)  Wer zum Todeszeitpunkt mit dem Verstorbenen in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, muss dem Erben auf Verlangen Auskunft über erbrelevante Transaktionen nach dem Todeszeitpunkt geben. Wie z.B. 

  • Entnahme von wertvollen Besitztümern nach dem Todeszeitpunkt
  • Verbleib von wertvollen Erbschaftsgegenständen
  • Zahlungen für Beerdigung
  • usw

(2)  Wenn ein Erbe den Verdacht hat, dass diese Angaben nicht vollständig oder falsch sind, kann er denjenigen verpflichten eine eidesstattliche Erklärung darüber abzugeben. In dieser Erklärung muss derjenige bestätigen, dass seine Angaben nach bestem Wissen vollständig waren.

 

 


§ 2286 (In Juristensprache - Original-Gesetzestext BGB)  Verfügungen unter Lebenden 

Durch den Erbvertrag wird das Recht des Erblassers, über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, nicht beschränkt.

 

§ 2286 (In einfacher Alltags-Sprache)   Verfügen über das eigene Vermögen trotz Testament 

Durch das Erstellen eines nicht mehr änderbaren Testaments - genannt Erbvertrag - wird dem Testament-Ersteller nicht das Recht genommen über sein Besitztum frei zu verfügen und sein Vermögen nach freier Wahl auszugeben. 

 

 


§ 2287 (In Juristensprache - Original-Gesetzestext BGB) Den Vertragserben beeinträchtigende Schenkungen 

(1) Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.

(2) Die Verjährungsfrist des Anspruchs beginnt mit dem Erbfall.

 

 

§ 2287  (In einfacher Alltags-SpracheSchenkungen, mit dem Ziel einzelne bedachte Erben zu benachteiligen

(1) Wenn der Verstorbene ein nicht mehr änderbares Testament - genannt Erbvertrag - verfasst hat, und in diesem Erbvertrag hat er einer Person etwas vererbt (ein Grundstück, ein Gemälde, 340 Siemens-Aktien...) dann muss er folgendes beachten: Er darf zu keinem späteren Zeitpunkt eine Schenkung an irgendjemand machen, mit dem Ziel, dass dieser bedachte Erbe von dem versprochenem Erbe weniger bekommt. Falls der Verstorbene trotzdem Geschenke mit dem Ziel seiner Schädigung gemacht hatte, kann der benachteiligte Erbe nach dem Todesfall verlangen, dass der Beschenkte die Schenkung wieder herausgibt.

(2) Drei Jahre nach dem Todestag ist der Anspruch darauf verjährt

 

 


§ 2057  (In Juristensprache - Original-Gesetzestext BGB) Auskunftspflicht 

Jeder Miterbe ist verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu erteilen, die er nach den §§ 2050 bis 2053 zur Ausgleichung zu bringen hat.

 

 

§ 2057  (In einfacher Alltags-SpracheAuskunftspflicht der gesetzlichen Erben

Jeder Erbberechtigte ist verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über Geld- und Sach-Geschenke zu geben, wenn folgende zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind:

  • Es waren Geschenke anlässlich seiner Heirat, oder Geschenke zum Erlangen seiner Selbständigkeit, oder Geschenke zum Aufrechterhalten seiner wirtschaftlichen Lebensstellung. (§ 1624 BGB Definition von "Austattung")
  • Die Geschenke waren überdurchschnittlich hoch, gemessen an den Vermögensverhältnissen des Vaters und der Mutter(§ 1624 BGB Definition von "Austattung")

Es besteht ebenfalls eine Auskunftspflicht über Geld- und Sach-Geschenke, wenn es sich um eine der folgenden Zuwendungen handelt: (§ 2050 BGB Definition von "Zuwendungen")

  • Geschenke für Berufsausbildung, falls sie gemessen an den Vermögensverhältnissen der Eltern überdurchschnittlich hoch sind
  • Geschenke, die als regelmässiges Gehalt dienen
  • Geschenke für Wohnungseinrichtungen, Gewerbeeinrichtungen 
  • Geschenke, bei denen der Verstorbene gesagt hat, dass die restlichen Erben dafür im Todesfall einen finanziellen Ausgleich bekommen sollen.

 

 


§ 2050 (In Juristensprache - Original-Gesetzestext BGB)  Ausgleichungspflicht für Abkömmlinge als gesetzliche Erben  

(1) Abkömmlinge, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, sind verpflichtet, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersetzung untereinander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein anderes angeordnet hat.

(2) Zuschüsse, die zu dem Zwecke gegeben worden sind, als Einkünfte verwendet zu werden, sowie Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Beruf sind insoweit zur Ausgleichung zu bringen, als sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben.

(3) Andere Zuwendungen unter Lebenden sind zur Ausgleichung zu bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.

 

§ 2050 (In einfacher Alltags-Sprache)   Nachträgliches Anrechnen von zu Lebzeiten erhaltenen Geschenken 

1) Jeder erbberechtigte direkte Nachkomme (Kinder, Enkel, Adoptivkind...) muss Geld- und Sach-Geschenke des Verstorbenen zur Gesamt-Erbmasse dazurechnen lassen, wenn folgende zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind:

  • Es waren Geschenke anlässlich seiner Heirat, oder Geschenke zum Erlangen seiner Selbständigkeit, oder Geschenke zum Aufrechterhalten seiner wirtschaftlichen Lebensstellung. (§ 1624 BGB Definition von "Austattung")
  • Die Geschenke waren überdurchschnittlich hoch, gemessen an den Vermögensverhältnissen des Vaters und der Mutter(§ 1624 BGB Definition von "Austattung")

Für die Wertberechnung nimmt man den damaligen Zeitwert des Geschenks heran

2) Geld- und Sach-Geschenke müssen ebenfalls zur Gesamt-Erbmasse dazugerechnet werden, wenn es sich um eine der folgenden Zuwendungen handelt: (§ 1624 BGB Definition von "Austattung")

  • Geschenke für Wohnungseinrichtungen oder Gewerbeeinrichtungen 
  • Geschenke für Berufsausbildung, falls sie gemessen an den Vermögensverhältnissen der Eltern überdurchschnittlich hoch sind
  • Geschenke, die als regelmässiges Gehalt dienten
  • Alle Geschenke, bei denen der Verstorbene angeordnet hat, dass die restlichen Erben im Todesfall dafür einen finanziellen Ausgleich bekommen sollen.

3) Darüber hinausgehende Geschenke müssen nur dann zum Erbe dazugerechnet werden, falls der Verstorbene es ausdrücklich angeordnet hat   . 

Falls die Bedingungen zum Anrechnen erfüllt sind, geht die Berechnung so: Der Wert des Geschenks wird der Erbmasse zugerechnet. (Beispiel: alte Erbmasse 340'000€. Wert des Geschenks 20'000€. Neue Erbmasse 360'000€) Dann wird die neue Gesamt-Erbmasse durch die Anzahl der erbberechtigten Nachkommen geteilt. (Beispiel: 3 erbberechtigte Kinder: Jeder bekäme also 120'000€) Dem Beschenkten wird dann der Wert des Geschenks vom Erbanteil abgezogen. (Im Beispielsfall bekommt der Beschenkte statt 120'000€ nur 100'000€ ausbezahlt)

 

Wenn Sie eine Rede haben, bei der es Ihnen drauf ankommt, dass ihre Aussage auf Anhieb verstanden wird, empfehle ich mein Rhetorik-Coaching